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"Schnauze voll"?

Kontroverse Debatte über JRE-Initiative

Jeunes Restaurateurs

Alexander Dressel, Alexander Herrmann und Thomas Bühner diskutieren Ansätze, mehr Wertschätzung für die Spitzengastronomie zu erreichen

Alexander Herrmann, Thomas Bühner und Alexander Dressel mit Moderator Thomas Ruhl (v.l.n.r.)
Alexander Herrmann, Thomas Bühner und Alexander Dressel mit Moderator Thomas Ruhl (v.l.n.r.)

DÜSSELDORF. Über die neue Initiative der Jeunes Restaurateurs für mehr Wertschätzung der Gastronomie und für bessere Lebensmittel haben bei der CHEF-SACHE JRE-Vizepräsident Alexander Dressel, der ehemalige JRE-Präsident, Hotelier, Zwei-Sterne- und TV-Koch, Alexander Herrmann, sowie Drei-Sterne-Koch Thomas Bühner kontrovers diskutiert.

Alexander Dressel erklärte zu Beginn der Gesprächsrunde, Auslöser für die Initiative sei die Unzufriedenheit vieler Köche gewesen. Einige hatten sich in den vergangenen Monaten und Jahren in den Medien über die fehlende Wertschätzung für die Branche und die deutsche Küche geäußert. Ein prominentes Beispiel dafür ist Drei-Sterne-KochChristian Bau. Die JRE, so Alexander Dressel, hätten nun in einem ersten Schritt versucht, mit möglichst vielen einen gemeinsamen zu Nenner zu finden. Auf dieser Basis ist ein Manifest entstanden, dem sich jeder, auch Nicht-Mitglieder der JRE anschließen können. „Das ist uns eine Herzensangelegenheit. Wir wollen alle ins Boot holen“, sagte der JRE-Vize. Die Initiative wolle die „breite Masse“ ansprechen. Dazu zählt Alexander Dressel besonders die Politik. Nach seiner Auffassung ist eine neue Lobby für die Gastronomie und bessere Lebensmittel notwendig. Dazu gehöre auch Aufklärungsarbeit an Schulen. „Das Verständnis für die Produkte ist weitgehend abhandengekommen“, meint Dressel.

Thomas Bühner lobte den breiten Ansatz. Es sei wichtig, Öffentlichkeit und Sympathie für das Thema zu wecken. Aber er gab auch zu bedenken, dass frühere Versuche nicht funktioniert hätten. „Wir sind auch daran gescheitert, weil wir nicht Deutsch kochen.“ Die enorme Vielfalt der deutschen Spitzenküche sei ein Vorteil, aber dadurch repräsentiere sie nicht Deutschland. „Da läuft man halt schnell vor die Wand“, meint Thomas Bühner.

Alexander Herrmann plädierte dafür, an der eigenen Haltung aller Mitarbeiter in der Branche zu arbeiten. Oft würden sich Beschäftigte in der Spitzengastronomie als „Wahnsinnige“ darstellen. Den Begriff hält er für „negativ belegt“. Unter Bezug die Gesprächsrunde am Vortag mit Eleven Madison-Park-Chef Daniel Humm griff Herrmann den von Humm verwendeten Begriff „Gewinner“ auf. Humm hatte gesagt, er wolle mit seinem Restaurant wie während seiner früheren Karriere als Leistungssportler, der Gewinner sein. Alexander Herrmann sagte dazu, es wäre ein erster Schritt zu sagen: „Wir sind Gewinner, da die Spitzengastronomie jeden Tag emotionalen Mehrwert bei Gästen schaffe. Das Berufsbild sollte „als vom Herzen kommend“ nach außen dargestellt werden.

Thomas Bühner rieb sich an dem Begriff „Gewinner“: Wer herausragend ist, „sorgt das bei unseren Gästen für Beklemmungen.“ Statt sich als „Gewinner“ darzustellen, solle der Fokus darauf liegen, den Gästen Spaß und Lebensfreude zu vermitteln. „Man muss nicht sich inszenieren, sondern den Gast“, meint Thomas Bühner. Auf die Frage von Moderator Thomas Ruhl, ob er in einem neuen Restaurant anders kochen würde, als in seinem seit dem vergangenen Jahr geschlossenen La Vie, sagte Thomas Bühner: „Ich kann nicht anders“. Aber er stellte klar, dass es im La Vie nicht gelungen sei, „den Rest drumherum“ anders zu inszenieren. Zu der Investition sei der Eigentümer nicht bereit gewesen, sagte Thomas Bühner.

Alexander Herrmann versuchte daraufhin zu differenzieren. Das eine sei die Wirkung auf die Gäste im Restaurant, das andere die Wirkung „in dich hinein“, wie er sich ausdrückte. Er verwies auf positive Entwicklungen der vergangenen Jahre, die die Spitzengastronomie erreicht habe. In den Restaurants der gehobenen Kategorie gerne es heutzutage viel Lockerheit. Auch die Bezahlung sei zumindest in der Spitzengastronomie inzwischen besser geworden und könne sich mit anderen Branchen messen, auch wenn sie keine vorderen Plätze im Ranking erreiche. Dafür könne die Branche aber „Dinge kreieren, die einzigartig sind.“ und die anders motivieren als ein Büro-Job, meinte Herrmann.

Alexander Dressel verwies darauf, dass es der JRE-Initiative auch darum gehe, Gastronomen zu unterstützen, denen es an Know How fehle. „Wir haben 2,4 Millionen Beschäftigte. Denen müssen wir helfen, wieder auf einen Level kommen, wo Gastronomen nicht einfach nur als Betrüger dargestellt werden.“ Auch in dieser Frag sei die Politik ein Ansprechpartner der Initiative.

„Wir werden nicht so wertgeschätzt, wie wir es verdient haben, das ist schon klar“, entgegnete Alexander Herrmann. Aber davon wolle er sich nicht abhängig machen. Für ihn gebe es „tausend Wege“, in die er Energie stecken würde, mit Politikern reden würde, sagte Alexander Herrmann.

Die Gesprächsrunde hat deutlich gemacht, dass die JRE-Initiative auf jeden Fall eine Diskussionsgrundlage darstellt. Ob es aber gelingt, die notwendige Einigkeit in der Branche zu erreichen, ist nach dieser Diskussion offen. Aber nur mit einer ausreichend großen Basis kann es gelingen, über die „Filterblase“ hinaus Aufmerksamkeit und Unterstützung zu erreichen. Über die nächsten Schritte und weiteren Inhalte der Initiative haben wir ein Interview mit Alexander Dressel geführt, dass am Donnerstag in unserem Podcast erscheint .Um die neue Folge nicht zu verpassen, empfehlen wir jetzt unseren Podcast bei iTunes, Spotify oder per RSS Feed zu abonnieren.

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