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Der LagenCup

LagenCup 2022 Rot

Beim diesjährigen LagenCup Rot 2022 kamen erneut ausschließlich rote Lagenweine aus Deutschland auf den Prüfstand. Die Jury, bestehend aus Weinjournalisten, Sommeliers und Weinhändlern, widmeten sich dieses Jahr über 400 angestellten Lagenweinen und wie immer wurden die Gewächse blind verkostet, zuweilen kontrovers diskutiert und nach der 100-Punkte-Skala bewertet.

2019 Heimersheimer Burggarten Spätburgunder GG, Weingut Burggarten, AHR (96 Punkte)

Die kleine Anhöhe mit südlicher Ausrichtung bewahrte die Reben des Heimersheimer Burggarten vor der Überflutung. Im Jahr der Lese, 2019, war noch nicht abzusehen, was da auf die Familie Schäfer zurollen würde. Dass der Wein dennoch gefüllt wurde, gleicht einem Wunder. Geprägt von Basalt- und Lavagestein ist der Burggarten stets ein Garant für allerhöchste Pinot-Qualität. Seine rauchige Noblesse möchte man intuitiv mit dem Gestein, auf dem die über 40-jährigen Reben wachsen, in Verbindung bringen. Wie dem auch immer sei, Paul-Michael Schäfer versteht sein Handwerk beim Ausbau seiner Weine in französischen Barriques. »Nicht zu viel und nicht zu wenig« könnte bei seiner Herangehensweise das Motto lauten. In der Tat kommen bei diesem Grossen Gewächs etwa 50 Prozent neue und 50 Prozent gebrauchte Fässer zum Einsatz. »Öffnet sich mit der Luft«, wusste ein versierter Verkoster zu berichten, was wenig verwunderlich ist, wenn große Weine grundsätzlich sehr viel Zeit benötigen – im Glas und in der Flasche. Sachdienlicher ist da der Hinweis eines weiteren Verkosters, der die komplexe, kräuterwürzige Textur dieses großartigen Pinots zu belobigen wusste. Und am Ende fasste das Panel sicherlich treffend zusammen: »intensiv, harmonisch, sehr kompletter Wein, großes Potenzial.« Dass das Weingut bis zur Aufnahme in den Verband Deutscher Prädikatsweingüter 2018 etwas unter ferner liefen lief, ist auch deshalb erstaunlich, da der Generationswechsel in der Familie Schäfer quasi organisch verlaufen sein muss. Paul-Michael und Heiko Schäfer bekamen das Zepter im Weingut von ihrem Vater Paul-Josef vor rund vier Jahren überreicht. Engagiert hatten sich beide bis dato, seitdem sie vom Weinvirus infiziert wurden. Und der liegt bei den Schäfers in den Genen. Denn anders sind großartige Weine nicht zu erklären.    

2019 Oberrotweiler Eichberg Spätburgunder GG, Weingut Salwey, BADEN (95 Punkte)

Konrad Salwey ist leidenschaftlicher Pétanque-Spieler. Ein Präzisionssport, bei dem es darum geht, eine bestimmte Anzahl von Kugeln so nah wie möglich an eine vorher ausgeworfene Zielkugel zu werfen. Nehmen wir Konrad Salweys Weine zum Maßstab, dürfen wir annehmen, dass sich der Ausnahmewinzer vom Kaiserstuhl vorzüglich auf diese Sportart versteht. Denn wenn es um Präzision und Genauigkeit seiner Burgunder geht, sucht das Weingut Salwey mittlerweile seinesgleichen. Burgunder aus Baden galten lange Zeit als Garanten mit reichlich fettem Saft auf den Hüften. Salwey ist mitnichten ein Kostverächter, doch dem bisweilen allzu adipösen Wein aus seiner badischen Heimat sagte er – wenn nicht gerade den Kampf an – so war er doch der Meinung, dass auch im Kaiserstuhl die Erzeugung von Burgundern mit Raffinesse und Noblesse möglich ist. Dabei spielt die Reife vielleicht die größte Rolle: Die Trauben werden knackfrisch und nicht superreif gelesen, der Wein ruht bis zur Füllung möglichst lang auf der Hefe. Es ist ein Drahtseilakt, den Salwey da Jahr für Jahr vollführt. 2018 und 2019 waren überdurchschnittlich heiße und trockene Jahre. In solchen Zeiten den Weinen ihre Eleganz zu bewahren, bedeutet nicht nur höchste Aufmerksamkeit im Weinberg, sondern gleichzeitig auch die Bereitschaft, einen geplanten Urlaub einfach einmal kurzfristig und auf unbestimmte Zeit zu verschieben. »Bereits der Duft verspricht einen großen Wein. Komplex und animierend«, wusste ein Verkoster seine Begeisterung bereits kurz nach dem Ausschenken kaum im Zaume zu halten. »Sehr frisch und hochelegant am Gaumen« ergänzte der nächste und brachte den Stil der Gewächse von Salwey vermutlich am besten auf den Punkt. Zwischen Salweys Wurfkugel und Ziel hätte kein Blatt Seidenpapier mehr gepasst. So nah ist er mit seinem Wein in diesem Jahr an die Weltspitze gekommen. Dabei ist das Spiel noch lange nicht zu Ende. Wenn in den nächsten Jahren weiter geworfen wird, ist der Abstand zwischen Eichberg und Zielkugel womöglich nochmals geringer. Um den zu messen, müsste das metrische System allerdings neu erfunden werden.  

2019 Neuenahrer Sonnenberg Spätburgunder GG, Weingut Jean Stodden, AHR (95 Punkte)

Es gibt da dieses verstörende Bild von Britta und Alexander Stodden. Beide stehen knöcheltief im Schlamm in einem ihrer Weinlager. Hinter ihnen ein, auf erster Lagerleiste, spärlich gefülltes Regal mit intakten Kartons und vermutlich auch Inhalten. Das Regal ist rotfarben, die Kartons, abgesehen vom roten Stodden-Logo, schneeweiß – ansonsten ist alles braun, schlammbraun. In diesem Ambiente stehen Britta und Alexander Stodden und schauen voller Zuversicht. Man kann sich nicht vorstellen, wie man nach solch einem Unglück zu solch einem Bild kommen kann. Die Stoddens konnten es. Britta Stodden hat in einem Interview einmal gesagt: »Wir blicken nach vorn! Wie heißt es so schön, wir sind Unternehmer, nicht Unterlasser!« Tapfer gesprochen, wenn man bedenkt, dass die meisten der Fässer mit ihren feinsten Spätburgundern aus dem Jahrgang 2020 in einer einzigen Nacht einfach weggespült wurden. Und was nicht weggespült wurde, war einfach unbrauchbar geworden und musste entsorgt werden. Ein Desaster sondergleichen. Die Stoddens fangen – wie so viele Winzer im Ahrtal – wenn nicht mit Nichts, so doch mit nur wenig wieder an. Einige Flaschen des 2019er GG’s aus dem Sonnenberg blieben verschont. Der Wein war abgefüllt, bevor das Unwetter kam. Wenn auch noch nicht allzu lang. Etwas untypisch für die Ahr ist der Boden des Sonnenbergs nicht vom Schiefer, sondern von Grauwacke, Lehm und Löss geprägt. Sonne sieht der Berg viel. Ihr verdankt er seinen Namen. Rund 18 Monate darf der Wein sich in kleinen, neuen französischen Eichenholzfässern ausruhen, bevor er schließlich ohne Filtration abgefüllt wird. Die Jury war begeistert: »Dicht und intensiv, fruchtig und kräuterwürzig« wurde da notiert. Dabei wusste das Panel seine »superfeine Säure« ebenso zu belobigen wie seinen »schier nicht enden wollenden Abgang.« Ein großer Wein.    

2019 Fellbacher Lämmler Spätburgunder GG, Weingut Aldinger, WÜRTTEMBERG (95 Punkte)

»Whole Cluster« wird bisweilen benannt, wenn ein meist roter Most mit Stiel und Stängel zu einem Wein vergoren wird. Es handelt sich auch darum um eine äußerst diffizile Angelegenheit, da das Gerüst der Trauben möglichst ausgereift, also eher braun gefärbt, in den Gärbottich geraten muss. Allzu grünes Stielwerk würde den Weinen einen unangenehm grünen Gerbstoffstrich verleihen. 2018 und der darauffolgende Jahrgang spielte dieser Methode bestens in die Hände. Es war heiß und trocken. Die Beeren reiften perfekt aus, während das tragende Grün gleichsam saftig verholzte. Perfekte Bedingungen also, um dem samtigen Spätburgunder mit dieser Mischung einen würzigen Kick zu verleihen. Die Brüder Hansjörg und Matthias Aldinger sind ein kongeniales Geschwisterpaar. Während sich Hansjörg vornehmlich um die Reben kümmert, fällt Matthias die richtigen Entscheidungen im Keller. Dass solch intensive Zusammenarbeit bisweilen zu Konflikten führt, liegt auf der Hand und muss so sein. Auch deshalb konnte sich das Weingut Aldinger so lange in der Speerspitze deutscher Erzeuger halten – und tut es noch immer, weil sich seine verantwortlich Teilnehmenden nicht auf ihren redlich verdienten Lorbeeren ausruhen.  Das problemorientierte Gespräch, kurz »POG«, ist in der Medizin, Soziologie und Philosophie bekannt, wenn es darum geht, sich auf eine Sache zu konzentrieren und dabei eigene Befindlichkeiten möglichst auszublenden. Zitieren wie an dieser Stelle einen Verkoster, scheint dieser Anspruch bei den Aldingers bestens in die Tat umgesetzt werden zu können: »Intensiv, aussagekräftig, der Wein macht glücklich.« Problem gelöst, möchten wir verlauten lassen.  

2019 »PARES« Spätburgunder GG, Weingut J. Neus, RHEINHESSEN (95 Punkte)

Beobachten, beobachten, beobachten und nochmals beobachten. Was für den Landbau allgemein gilt, trifft im Weinbau insbesondere dann zu, wenn sich ein Winzer dafür entscheidet, einen bestimmten Klon in seinem Weinberg weiter zu vermehren. Die Anforderungen, die er dabei an die Sorte stellt, können ganz unterschiedlich ausfallen. Geht es um einen möglichst hohen Ertrag, um die Robustheit gegenüber bestimmten Pilzkrankheiten oder am Ende um den Geschmack, den die Trauben in einem Wein hervorbringen? Vor über 100 Jahren herrschten goldene Zeiten im deutschen Weinbau. Auch im Örtchen Ingelheim, dessen Spätburgunder auf der Weinwelt für Furore und allerhöchste Preise sorgte. Zwei Weltenbrände, das 71er Weingesetz trugen maßgeblich dazu bei, dass Ingelheim sang- und klanglos von der Karte großer Rotweine verschwand und sich forthin für massenkompatible, weinartige Getränke in allen Geschmacksrichtungen einen zweifelhaften Ruhm erwirtschaftete. Doch die Wirtschaft nach dem Krieg wunderte nicht ewig. Aus Masse wurde auch keine Kasse mehr. Im ausgehenden 19. Jahrhundert befand sich das Weingut J. Neus in einer auch wirtschaftlich ausgezeichneten Situation. Man konnte aus dem Vollen schöpfen. Wobei weniger die Erträge als die Qualität der Trauben gemeint gewesen sein dürften: Reben mit den hochwertigsten Trauben wurden konsequent vermehrt. Daraus entstand der Neus-Klon. Das Weingut profitiert heute von der weitsichtigen Entscheidung seiner Gründer. Spätburgunder aus Ingelheim erläuft sich den Rang zurück, den er vor über 100 Jahren einmal besessen hat. Dass wir den 2019er »PARES« bereits wenige Monate nach seiner Füllung nicht nur probieren, sondern auch noch bewerten mussten, tut uns ein bisserl weh. »Höchstelegant ausbalanciert mit anmutiger Gerbstoffstruktur und reifer, aber eben nicht überreifer Frucht«, fasste ein Verkoster seine Wahrnehmung am Gaumen treffend zusammen.

2018 Birkweiler Kastanienbusch Spätburgunder GG, Weingut Dr. Wehrheim, PFALZ (95 Punkte)

Franz Wehrheim ist ein großer junger Mann. Mitten in seiner allerbesten Blüte. Wer weiß schon, wann die verwelken wird, wenn seinem Vater Karl-Heinz das Wörtchen »müde« nirgendwo anzusehen und anzumerken ist. Er hat aus dem Weingut eines der besten in Deutschland gemacht. Nimmermüde den Burgundern der Pfalz einen Platz in der Weltspitze einzuräumen. Anfangs mögen die aus heutiger Sicht noch allzu fett und vordergründig geraten sein, hat das Weingut seitdem eine enorme Wandlung vollzogen. Dabei besitzen die Weine der Wehrheims auch heute noch eine ungeheure Kraft, die allerdings nicht von Alkohol, sondern vom puren Extrakt der Beeren getragen wird. Die Umstellung auf biologischen Weinbau war da nur obligatorisch. Die Frage, ob Öko-Wein besser als konventionell hergestellter Wein schmecke, beantwortet Franz Wehrheim obligatorisch nicht. Und das ist richtig, wenn diese Anbauweise heutzutage selbstverständlich sein sollte, statt – wie mancherorts immer noch – als kuriose Randerscheinung wahrgenommen wird. Freilich erfordert sie mehr Arbeit und die Bereitschaft ihrer Zecher entsprechend dafür zu löhnen. Es geht beim Wein ja ganz unbedingt auch immer um den guten Geschmack, der Wehrheims Weine seit ewig innewohnt. Beim Spätburgunder aus dem Kastanienbusch notierten die Verkoster: »Beeindruckend, kühle Aromen, frisch, neben Fruchtaromen etwas Minze und Kräutertee, saftig, puristisch, schmackhaft, Tannine reif und fein, karg, lang.« Wem das Wörtchen »karg« an dieser Stelle etwas zu dünn sein mag, dem sei gesagt, dass Kargheit unbedingt nicht im Widerspruch mit Wohlgeschmack stehen muss. Im Gegenteil: Die besten Pinots der Welt sind imstande, Eleganz und Konzentration in unvergleichlicher Weise zu vereinen. Auch daher zählt Pinot Noir zu einer der besten Rotweine auf unseren Erdenball. Der Umgang mit ihr ist schwierig, die Ergebnisse können außergewöhnlich geraten. Die Weine vom Weingut Dr. Wehrheim legen Zeugnis davon ab.  

2018 Ihringer Winklerberg Spätburgunder, Weingut Freiherr von Gleichenstein, BADEN (95 Punkte)

Die sogenannte Dendrowissenschaft untersucht die Einflüsse der Umwelt auf das Wachstum der Bäume und kann so unter anderem die klimatischen Veränderungen anhand der Jahresringe und Kohlenstoffeinlagerungen rekonstruieren. Unlängst veröffentlichte ein Team um den deutschen Wissenschaftler Prof. Dr. Ulf Büntgen eine Studie, mit der sich anhand dieser Techniken das Klima rund 2100  Jahre zurückdatieren lässt. Das Ergebnis ist wenig überraschend: Der Klimawandel ist von Menschenhand gemacht. Die trockensten Jahre im untersuchten Zeitraum sind seit 2014 aufgetreten. Eine weniger ausgeprägte Dürrezeit entdeckten die Forscher in den Jahren zwischen 1490 und 1540. Just zu jener Zeit, als das Kloster St. Blasien den Bau eines Zehntkellers samt Zehntscheuer im südbadischen Oberrotweil in Angriff nahm. Die Naturalabgabe dürfte bereits damals zu einem guten Teil aus Wein bestanden haben, dessen Erträge sich in diesen Jahren vermutlich arg spärlich ausnahmen. 1634 kamen Scheune und Hof in den Besitz der Familie von Gleichenstein, die ihn bis heute hegt und pflegt. Johannes Freiherr von Gleichenstein und seine Frau Christina betreiben das Weingut nunmehr in der elften Generation. 2018 dürfte nicht nur der trockenste, sondern auch der heißeste Jahrgang gewesen sein, den das Paar in seiner Weinbaugeschichte bisher erlebt und Wein aus ihm gemacht hat. Doch damit nicht genug. Gleichensteins Spätburgunder stammt aus dem,aufgrund seiner südlichen Ausrichtung und vulkanischen Untergrunds enorm hitzigen Lage Ihringer Winklerberg, wenn die Verkoster berichten: »Intensiv und mächtig. Beeindruckend vielschichtiges Bouquet aus dunklen Beeren und delikater Holzwürze.« Großartig!      

2017 Bissersheimer Goldberg Spätburgunder, Weingut Wageck, PFALZ (95 Punkte)  

»Eins hat uns unsere jahrelange Erfahrung gezeigt: Die Böden um Bissersheim sind prädestiniert für mehr. Die Erträge sind niedrig und die Traubenreife ist immer von höchster Güte.« Das Zitat ist schon allerhand und stammt von Thomas Pfaffmann. Nachzulesen auf der Seite des Weinguts. Im nördlichen Bereich der Pfalz gelegen, sorgen die Wageck-Weine nun bereits seit einigen Jahren für Furore. In Sachen Burgunder zählen die weißen und roten nicht nur in ihrem Gebiet nicht selten zu den allerbesten. Thomas Pfaffmann, wir wundern uns nicht, ist ein ausgesuchter Burgunder-Liebhaber. Wenn er reist, verreist, die nächsten nennen es Urlaub, zieht es den umtriebigen Winzer ziemlich pfeilgenau in die Gegend von Beaune. Keine Frage, dass an der Côte d’Or die besten Pinots der Welt angebaut werden. Keine Frage, dass man diese Gefilde bereisen muss, um sich entsprechendes Knowhow anzueignen. Dabei geht es nicht darum, bestimmtes »Terroir« in ein anderes Gebiet zu kopieren, sondern darum, einen Weinstil zu etablieren, der nicht allein im Burgund Erfolg verspricht. Burgundische Sorten gedeihen auch in der vergleichsweisen schattigen Pfalz sehr gut. Ihre besten Exemplare haben eine ordentliche Portion Säure in petto, um über viele Jahrzehnte zu großen Delikatessen heranzureifen. Nämliches gilt ganz unbedingt für die Gewächse der Wageck-Weine, die meist karg und im allerbesten Sinne burgundisch daherkommen: » Rauchig, fruchtsüß, etwas floral, würzig, zart und schlank, facettenreich«, notierte dann auch ein Verkoster im Kontext seines Gustos. Wollen wir aber zusammenhalten, dass die Pinots von Wageck stets von seltener Straffheit geprägt sind, die sie deshalb so einzigartig machen und von einzigartiger Klasse und Schönheit sind.  

2016 Assmannshäuser Höllenberg Spätburgunder GG, Weingut Krone, RHEINGAU (95 Punkte)

Der Höllenberg trägt seinen Namen nicht ohne Grund. Die steile Lage zu bearbeiten, verlangt nach vielen Händen, wenn Maschinen an vielen Stellen schlicht überfordert sind. Vielleicht ist es sowieso das Beste, wenn fürsorgliche Menschen über Reben schauen, bevor die am Ende aus reifem Lesegut Wein bereiten. Wein ist ein Kulturprodukt. Peter Perabo und sein Team steht seit etlichen Jahren hinter großen Burgundern aus Rheingauer Gefilden. Dabei sind es oft die Pinot Noirs, die in ihrer Noblesse herausstechen: Fein, hintergründig und zartfruchtig. Die Weine haben unglaubliches Reifepotenzial und erreichen meist erst nach zehn oder mehr Jahren ihr erstes schmackhaftes Genussfenster. Wenn es darum geht, einen Wein zu etwas ganz Großem zu begleiten, ist Perabo ein kongenialer Begleiter. Vermutlich ist er der beste Pinot-Interpréteur im Rheingau. Weil er das Talent besitzt, Rheingauer Typizität mit burgundischer Noblesse nonchalant zu einzigartigen Weinen zu vermählen. Die Reife der Trauben, ihre Mazeration, der Einsatz neuer und gebrauchter Eichenholzfässer – all das und weitaus mehr lässt aus den Pinots des Weinguts Krone einzigartige Spätburgunder entstehen. Der 2016er Höllenberg ist vielleicht eines der mächtigsten Gewächse, das Perabo je erzeugt hat. »Dunkel geröstete Haselnuss mit einer ordentlichen Portion schwarzer Johannisbeere« vermerkte ein Verkoster, während ein anderer von der schieren Kraft dieses Weins überfordert schien, wenn er notierte: »wie fett kann ein Wein sein und dabei dennoch derart sehnig über die Papillen zu laufen. Unglaublich.« Wir lassen das gerne mal als Schlusssatz gerne so stehen.  

2019 Großheppacher Wanne »Klingenberg« Syrah, Weingut Bernhard Ellwanger, WÜRTTEMBERG (95 Punkte)

Bereits in den neunziger Jahren gab es erste Gehversuche, den Syrah auf heimischem Grund gedeihen zu lassen. Besonders erfolgsversprechend waren die Ergebnisse anfangs nicht. Hans-Peter Ziereisen unternahm im Markgräflerland erste Gehversuche. Sein »Jaspis« zählt heute zu den begehrtesten Rotweinen des Landes. Weindeutschland ist wärmer und trockener geworden. Vormals niemals reifefähige Varietäten sind in unseren Anbauregionen mittlerweile heimisch geworden. Ebenso der Syrah. In Deutschlands südlichen Weingefilden fühlt sich die Sorte mittlerweile pudelwohl und reift in den meisten Jahren zu bester Reife aus. Baden, Württemberg und Pfalz sind jene Gegenden, in denen der Syrah sich offensichtlich besonders wohlfühlt. Bei Ellwangers Exemplar konstatierte das Panel: »Intensives Holz, dunkle, nicht so süße Frucht, Grafit, ätherische Noten, pfeffrig, rauchig, am Gaumen mit einer guten Dichte, die Tannine trocknen leicht, zeigen sich aber nicht grün. Die Frucht ist dunkel und leicht herb, das Holz ist gut integriert.« Zusammenfassend könnte man diese Kommentare also als einen großen Wein beschreiben. Seine beste Zeit steht ihm mutmaßlich noch bevor. Dann gilt es, diesen großartigen Syrah erneut in ebenbürtige Worte zu fassen.

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