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Heinz Winkler – 5 Jahrzehnte am Herd

ASCHAU. Wie kommt ein gerade mal vierzehnjähriger Bergbauernbub 1963 auf die Idee, eine Lehre als Koch zu beginnen? Der Vater, der zu Hause für die ganze Familie kochte, wäre wohl selbst gerne Koch geworden und so griff der junge Heinz Winkler diesen Gedanken auf und begann eine Koch-Lehre im Hotel Laurin in Bozen.

Anfangs empfand er die Arbeit in der Küche fast als Urlaub, war er doch auf dem väterlichen Hof an körperliche Arbeit gewöhnt, hatte von frühester Kindheit an überall mit angepackt. Die Arbeit in den Bergen war schwer und hart. Hoch mit Holz oder Heu beladene Pferdefuhrwerke durch die steile Bergwelt über gefährlich schmale Wege zu lenken forderte Präzision, Reaktionsschnelligkeit und Akribie. Und genau diese Fähigkeit zu präzisem, schnellem und zielgerichteten Arbeiten war neben seinem schon damals stark ausgeprägten Geschmackssinn eine der entscheidenden Grundlagen für seinen späteren Erfolg.

 Er redete nicht viel, beobachtete aber alles sehr genau und aufmerksam. Sein damaliger Küchenchef und Lehrmeister hatte ihn, den jungen Lehrling, natürlich nicht kochen sondern nur vorbereiten lassen. Doch schon nach kurzer Zeit wusste Heinz Winkler exakt, was er wie zu kochen hatte. Um dies zu beweisen kochte er dann an einem frühen Morgen alle Gerichte perfekt fertig bis sein Küchenchef in die Küche kam.

 Bei allem Talent, allem Fleiß und aller Akribie, mit der der junge Heinz Winkler seinen Beruf anpackte hatte er keinerlei Protektion, keine Förderer, niemanden, der sich seiner Begabung wirklich annahm. Doch Chancen hat er immer sofort erkannt und angepackt. Nach verschiedenen Stationen in internationalen Hotels und Restaurants bot sich dem gerade Vierundzwanzigjährigen 1973 die Chance, Chef de Cuisine im Schlosshotel in Pontresina zu werden.

 Auf dem Weg zu den Sternen

 Kurz vor seinem ersten Vorstellungsgespräch im Schlosshotel stieß Heinz Winkler in einer Zeitschrift auf den Namen Haeberlin. Las von Mousseline de grenouilles und von Terrine de foie gras d’oie. Er war so fasziniert, dass er sich sofort ins Auto setzte und ins Elsass nach Illhaeusern fuhr. Doch die Frage ob er reserviert habe, musste er natürlich verneinen. Wusste damals nicht, dass man in diesen Spitzenrestaurants ohne Reservierung kaum eine Chance hatte. Doch die Begeisterung des jungen Mannes erweichte wohl das Herz der Haeberlins und so genoss er zum ersten Mal in seinem Leben eine für ihn völlig neue Art des Kochens. Dass ihm dieses Wissen auch dazu verholfen hat, tatsächlich Küchenchef in einem Fünfsternehaus mit einer achtzehnköpfigen Küchenmannschaft zu werden, verrät Heinz Winkler heute gerne augenzwinkernd.

 Hinter seinen glanzvollen Erfolgen als junger Küchenchef steckte harte, disziplinierte Arbeit. Nicht selten begann er sich schon morgens um drei Uhr auf seine Aufgaben vorzubereiten. Neben der Entwicklung von neuen Kreationen, dem ehrgeizigen Plan, Menüs zusammen zu stellen, in denen sich über drei Wochen hinweg kein einziger Gang wiederholt, lernte der junge Küchenchef die Herausforderungen des Einkaufs kennen, Preise zu kalkulieren, wirtschaftlich zu arbeiten.

 Doch dann suchte er neue Wege. Wollte sich immer stärker zur Nouvelle Cuisine hin ausrichten. Und deshalb bewarb er sich als einfacher Koch bei Eckart Witzigmann im Tantris in München, lebte wieder in einfachen Personalunterkünften in Dreibettzimmern mit Doppelstockbetten, ordnete sich einem Chef de Cuisine unter und lernte mit der ihm eigenen Akribie und Schnelligkeit eine völlig neue Koch-Kunst.

 Und schon nach drei Monaten in der Witzigmann-Küche wurde er 1978, zwischenzeitlich 29 Jahre alt, von den Eignern des Tantris gefragt, ob er die Nachfolge von Eckart Witzigmann antreten wolle, der den Weg in die Selbständigkeit plante. Lange zweifelte Heinz Winkler, ob er diese Aufgabe wirklich übernehmen wollte. Doch schnell wurde ihm klar, dass nur er wirklich in der Lage war, das Tantris als eines der wenigen Restaurants mit der für Deutschland damals so ungewöhnlichen Nouvelle Cuisine weiter zu führen.

Heinz Winkler startete im Tantris mit einem Michelin-Stern, Eckart Witzigmann wurde „Koch des Jahres“. Ein Jahr später, 1979 wurde dann Heinz Winkler „Koch des Jahres“ und bereits 1981 mit gerade mal einunddreißig Jahren erstrahlte auch der dritte Stern über Heinz Winklers „Cuisine Vitale“ im Tantris. Damit war Heinz Winkler der damals jüngste Dreisternekoch der Welt.

 Doch das Tantris war ihm nicht genug, er war nie jemand, der sich auf seinen Erfolgen ausruhte und immer im gleichen Fahrwasser weiter machte. Heraus-forderungen und neue Bewährungsproben, ungewöhnliche Wege waren der Kern seiner Kreativität. Geradezu entsetzt reagierte die Öffentlichkeit auf seine Ankündigung, das Restaurant Tristàn auf Mallorca aktiv zu beraten. „Mallorca? Sie meinen wohl Marbella!“ bekam er zu hören. Denn 1984 hatte Mallorca noch den Ruf der „Putzfrauen-Insel“ und war dementsprechend weit entfernt von Sternerestaurants und Nouvelle Cuisine. Doch wie immer ging Heinz Winkler unbeirrt und allen Unkenrufen zum Trotz seinen Weg und führte das Tristàn zu zwei Michelin-Sternen.

Dass Heinz Winkler nie da sein wollte wo alle sind, zeigte vor allem seine Entscheidung, München und dem Tantris den Rücken zu kehren, alle Sicherheiten aufzugeben und in Aschau im Chiemgau ganz neu anzufangen.

 Mit der „Residenz Heinz Winkler“ zum ganz persönlichen Erfolg

 Heinz Winkler hatte immer die Vision, mit spätestens fünfzig Jahren ein eigenes Restaurant zu führen. Verwirklicht hat er diesen Traum dann schon mit zweiundvierzig Jahren (1991). Vielleicht hätte er auch in München ein passendes Objekt gefunden, doch er wollte weg, wollte raus aus der Stadt, wollte dahin wo er ganz neu anfangen konnte. Und er fing genau zu einem Zeitpunkt neu an, als er mit dem Tantris in allen Ranglisten ganz oben auf Platz 1 stand, als er im Zenith des beruflichen und finanziellen Erfolgs stand. Doch das reichte ihm nicht. Er wollte mehr in seinem Leben und wagte den Schritt in die Unsicherheit und in das finanzielle Risiko.

 Das „Hotel Post“, die verfallene, spätmittelalterliche Anlage mitten im Herzen von Aschau, überragt von den Doppeltürmen der Barockkirche war genau das Objekt, das er suchte. Liebevoll wurde aus der Tafernwirtschaft aus dem 14. Jahrhundert seine moderne und doch traditionsverbundene Residenz mit seiner ganz persönlichen und unverwechselbaren Handschrift. Die Verbindung zwischen Heinz Winklers wundervoll leichter Cuisine Vitale, der unvergleichlichen Chiemgauer Landschaft und den liebevoll und individuell eingerichteten Zimmern und Suiten ergibt eine unvergleichliche Mischung aus Luxus und lokalem Charme – weit entfernt von ehrfurchtgebietenden Gourmet-Tempeln.

 Und wieder hatte Heinz Winkler es geschafft. Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Kultur gaben sich schnell ein Stelldichein in Aschau, die Michelin-Sterne zeichneten ihn immer und immer wieder als einen der besten Köche der Welt aus und die Region rund um Aschau entwickelte sich auch dank der Residenz immer mehr zu einem attraktiven Anziehungspunkt für Gäste aus aller Welt.  2001 wurde ihm als ersten Koch in Deutschland als Anerkennung seiner Vorbildfunktion für die Jugend im Berufsbild des Koches, für seine außergewöhnlichen Leistungen, seine wirtschaftliche Selbständigkeit, unternehmerische Weitsicht und seine persönliche Risikobereitschaft das Bundesverdienstkreuz verliehen. Besonders gewürdigt wurde, dass er maßgeblich zum weltweiten Ansehen der Gastronomie in Deutschland beigetragen hat.

 Und ins Ausland hat es ihn immer wieder gezogen. So begleitete und unterstützte er das Las Dunas in Estepona (Spanien) über mehrere Jahre hinweg und sicherte auch diesem Restaurant einen Michelin-Stern. Das Gourmet-Restaurant „Jerobeam“ im Ritz Carlton in Moskau wurde unter seiner Ägide zwischen 2007 und 2009 dreimal zum besten Restaurant der Stadt gekürt.

 Zwischenzeitlich hat Heinz Winkler 2011 glanzvoll und mit freundschaftlicher Unterstützung von internationalen Sterneköchen das zwanzigjährige Jubiläum seiner Residenz gefeiert, in diesem Jahr steht er seit 50 Jahren am Herd.

 Und was bedeutet Kochen heute nach fünfzig Jahren für Heinz Winkler?

 Kochen macht ihm immer noch Freude, er genießt es zu erleben, was er mit seiner Hände Arbeit erreichen kann. Vielleicht weil er gerade beim Kochen seine besonderen Fähigkeiten optimal ein- und umsetzen kann. Fleiß und Zielstrebigkeit sind für ihn neben einem besonders fein ausgeprägten Geschmackssinn die wichtigste Grundvoraussetzung, um als Koch wirklich ganz nach oben zu kommen. Heinz Winkler sagt dazu: „Wenn ich mir einen Geschmack eingeprägt habe, dann arbeite ich so lange an einem Gericht, bis es hundertprozentig dieser Geschmackvorstellung entspricht. Ich bin immer erst dann zufrieden, wenn ich diesen Geschmack wirklich gefunden habe. Deshalb ist ein großer Teil meines Erfolgs die Unzufriedenheit. Und die daraus resultierende permanente Weiterentwicklung, das Vorwärtsgehen und das Vermeiden jeglichen Stillstands.“

Und wie geht es weiter nach fünfzig Jahren am Herd? Weiter kochen wird er natürlich. Weil er gerne arbeitet, weil er mit seiner Arbeit weiter persönlich wachsen, sich weiter bilden und entwickeln kann, weil er die Herausforderung, jeden Tag gemessen, kritisiert, bewertet zu werden genießt und weil er sich noch zu jung fühlt, um schon aufzuhören, weil er noch viel zu neugierig ist auf Neues, das noch auf ihn zukommen wird.

 Und so wird er auch in Zukunft seinem ganz persönlichen Lebensmotto treu bleiben:

„Einen Weg, den man geht muss man immer zu Ende denken mit allen Möglich-keiten, Eventualitäten, Chancen und Risiken.“

 

Quelle:Version: www.residenz-heinz-winkler.de

 

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