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Restaurant des Monats Februar 2017

arrow left Camers Schlossrestaurant, Schloss Hohenkammer, Hohenkammer, Deutschland arrow right

 
Hotel: Schloss Hohenkammer
Adresse: Schlossstr. 20, 85411 Hohenkammer
Küche: Saisonal & Regional
Chef de Cuisine
Florian Vogel

Ob die Herren von Camer je so gut gegessen haben, ist nicht überliefert. Überliefert ist, dass die ursprünglichen Besitzer ihren Namen auf ein herrschaftliches Steinhaus zurückführen...

Camers, der Name ist auf ein herrschaftliches Steinhaus zurückzuführen, die mittelhochdeutsche Kamer, abgeleitet vom lateinischen camera, Gewölbe, Kammer. Zu einem Schloss aus dem 15. Jahrhundert ist diese „Kammer“ ausgewachsen. Zwar durch Kriege und Schulden, Armut und Brand regelmäßig verwüstet, aber nach dem grässlichen 1000 jährigen Reich aus Schutt und Asche aufgeblüht.

Ein idyllisches Ambiente, wenn man über die kleine Glonn - Brücke in den Hof einfährt und über die Zugbrücke ins Schloss geht. Wie aus dem Bilderbuch im verzuckerten Winter, Schlittschuhläufer auf dem See. Voller Vorfreude sind wir auf unseren Abend im Camers Schlossrestaurant. Alles passt.

Um es kurz zu machen, der ist mehr als gelungen. Freundlicher Empfang von Silvio Barelos und äußerst angenehmer Service durch ihn und Iris Geier, die Restaurantleiterin.

Florian Vogel, *1981 in Wilhelmshaven, ein bescheiden–selbstbewusster Koch, gehört zur jungen Garde der neuen Erst-Sterneköche: „Eine sehr gute Küche, die die Beachtung des Lesers verdient.“ Eine simple Definition angesichts des Grußes aus der Küche: Fontina Croquette auf heißem Stein und Krabbenbrot: eine Synthese aus krokantmalzigem Pumpernickel, Eierbaiser und Nordseekrabben, köstlich schmeckt diese Hommage an Florian Vogels nordische Herkunft. Kleine Zitate an die Heimat könnten seine persönliche Handschrift sein. (Wie neulich seine Ostfriesentorte als Prédessert.) Bekannt und wohlschmeckend das Brot von der Bäckerei Erbel, Dachsbach, die mit dem stolzen Slogan: Ich backe, also bin ich. Wir sinds auch. Dazu Feigenfrischkäse und Nussbutter. „Des Kaisers Granate“ schlägt wirklich ein. Meine Begleiterin, eine Ganz- oder- gar -nicht -Genießerin kürt sie zu ihrem Favorit, und ich bin sowieso begeistert. Vollendet in Aussehen und Geschmack. Der Kaiser ruht, mit Reisperlen bereift in einem angenehm säuerlichen  Kaki-Yuzu-Bad, in dem zarte Blütenblätter schwimmen… Augen- und Gaumenlust. 

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Ein nächstes Hoch folgt mit der gebratenen Entenstopfleber. Kaum wage ich es zu sagen, weil es ökologisch inkorrekt ist: Die Leber ist köstlich. Trotzdem traue ich es den Sterneköchen zu, dass sie den Stopfzwang endlich boykottieren. Wenn nicht sie, wer dann? Dennoch, der Gang eine herrliche Variation mit Eis und gepickelten Himbeeren auf allerdings eher standfesten Schwarzwurzeln, begleitet von einer vortrefflich schlürfigen Consommé, dazu Aebleskiver*. Wieder eine nordische Reminiszenz, wieder deliziös.

Wie schön, dass der Laubengang zur Toilette frischluftig unterbricht. (Vorbildlich, das Restaurant inklusive WC ist behindertengerecht ausgebaut.) Ein harmonisch abgestimmtes Wagyurind –Töpfchen, Shabu-Shabu, wohltuend, nicht belastend stimmt in das Finale ein. 
Das Salzwiesenlamm lassen wir aus, meine Begleiterin liebt Lämmer zu sehr, und ich konzentriere mich auf den Gemüseteil. Aus Platzgründen. Eine ausgezeichnete Wahl. Wilder Brokkoli und Pak Choi präsentieren sich unterschiedlich dekliniert, absolut selbstsicher neben dem duftigen Jasminreis. Ein schöner Teller. Unser ganz persönliches Füllhorn scheint noch nicht ausgeschöpft, denn auch der nächste Gang, mein letzter, das Prédessert ist ein exquisiter, in seiner unaufdringlichen, erdtypischen Finesse: 3 mal Topinambur auf Knuspernougat, im Orangensud, gekrönt von Earl Grey Eiscreme. Perfekt. Die Grenze zwischen erstem und zweitem Stern ist fließend, weil Kritiker bei aller gebotenen Sachlichkeit subjektive Schmecker sind. Mich begeistert das meisterliche Handwerk und die Kreativität der talentierten Brigade -Sandra Hofer, beste Jungköchin Deutschlands! - unter Florian Vogel. (Die ausgesonderte Loseblattsammlung seiner juristischen  Frau über Energiegesetze knüllten sie neulich in eine Petrischale, setzten das Dessert obendrauf. Eine leise Lieberklärung, ein witziger Einfall für ihre Version von „Studentenfutter“). Mich begeistern die topfrischen Produkte vom Gut Eichetshof - und die natürliche Gelassenheit der Präsentation.

Meine Begleiterin taucht verzückt in das Dessert „Jack trifft Daniels“ vom Patissier Andreas Trampler und mutiert zum personifizierten Hmm bei den Friandises. Ich auch, aber erst nachts. Wirklich eine große junge Küche. Im Camers Schlossrestaurant.

 

*210 g Eiweiß aufschlagen und mit 150 g Mehl, 150 g Sahne, 70g flüssige Butter, 120 g Eigelb vermengen. Mit Salz und Muskat abschmecken, mit geschmorter Entenkeule füllen. In einer Art Muldenpfanne ausbacken., der Aebleskiver

Autor: Margret Buchner

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