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Restaurant des Monats März 2017

arrow left garbo, Löwen, Eggenstein-Leopoldshafen, Deutschland arrow right

 
Hotel: Löwen
Adresse: Hauptstr. 51, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen
Küche: Moderne Klassik
Chef de Cuisine
Marcel Kazda

Garbo muss man erklären. Das garbo im Löwen. Ein bisschen kantig, ein bisschen verwirrend der Name. Aber so beginnt Neugierde: Sie setzt sich fort wegen der paar Kilometer Ortswechsel von Karlsruhe hierher, und sie gipfelt in der Frage, was mag das für ein Koch sein?

Mager an Informationen und begierig auf die Küche fahren wir nach Eggenstein-Leopoldshafen. In das Garbo im Löwen. Sollte da jemand auf den trendigen Zug nach schwedischer Küche aufgesprungen sein und deshalb den Namen der schwedischen Schauspielerin gewählt haben? In der Region der besten Küche Deutschlands? Unwahrscheinlich.

Es  klärt sich alles ganz einfach. Der Umzug geschah aus wirtschaftlichen Gründen. Das Hotel Eden von Dorrit Gulden, der Patronin, war einfach zu groß, da bot sich der zahmere Löwe in Eggenstein mit seinen 11 Zimmern und dem gut bespielbaren Restaurant mit Nebenräumen an. Bereits bestens eingeführt und besternt unter Markus Nagy.

Wie das Personal unter der Fürsorge von Dorrit Gulden mitging, so taten auch viele Stammgäste. Und es sieht nach einem gelungenen Coup aus. Der Name garbo, seit 6 Jahren in Karlsruhe bewährt und vertraut, kommt aus dem Portugiesischen. Er bedeutet das, was ein Restaurant ausstrahlen soll: Charme, Anmut, Anstand, Höflichkeit.

Damit sind wir mitten im Herzen des Restaurants angelangt. Marcel Kazda,*1978 in Karlsruhe, kocht wie er aussieht. Dieser stattliche Mann mit Bühnenpräsenz kocht mit Leidenschaft. Von der Pike auf mit allen Küchenwassern gewaschen, der Techniken erlernte in einer minutiös arbeitenden großen Brigade, im Kaiserhof in Karlsruhe, in der alles, was selbst zu machen ist, selbst hergestellt wurde. Seit jeher, fast könnte man sagen seit seiner Kindheit das Produkt als Star verehrend, nicht erst seit der „neu“ erfundenen Gesundheitswelle. Unsere Wertschätzung gilt ihm und seinen Kollegen, die uns die Qualität der Nahrung vermitteln in einer übersättigten verbilligten westlichen Welt.

Marcel Kazda lebt und arbeitet gerne in seiner Heimat, die Wanderjahre u.a. nach Straßburg und Berlin waren wichtig, aber hier ist sein Lebensmittelpunkt, Elsass, Frankreich, da liegt ihm alles zu Füßen. Denn Essen gehen ist kontinuierliche Lehrzeit. Mit seinem ganzen Team legt er los. Auch mittags an einem Wochentag ist das Restaurant gut besucht. Wir sitzen gemütlich im größtenteils vom Vorgänger übernommenen Gastraum mit grünem Kachelofen, Lüftlmalerei, der Kick kommt aus der Küche. Angenehm und zurückhaltend der Service. Kazdas Feuerwerk zündet vorsichtig mit hausgemachten Grissinis, Brot und Butter und versprüht die ersten Fünkchen im Löffel Bachsaibling und einer Art dekonstruiertem Hummus, ayranbeschäumt. Das Tatar vom Blue Fin Tuna knallt rein. Eine spannende Kreation mit Erdnuss, Koriander und Miso. Weich cremig, alles passt, wahrnehmbar auch für meinen eingeschränkten Erkältungsgaumen. Die Kombination von getauchter Jakobsmuschel und Kalbsbries erfreut den Gourmet, wenn sie apart begleitet von Selleriecreme und marinierten Wurzeln in Beurre - Blanc und Perigordtrüffel daherkommt. 

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Da die Menükarte vegan und vegetarisch ausweist, entscheide ich mich für marinierte Wurzeln und Pilze. Schwarzwurzeln, schwarzer Rettich, Petersilienwurzel, herb-knotige Crosne (chinesische Artischocken) aus der Bretagne. Ein kleiner feiner Gang, das Gemüse al dente, mit einer Creme, deren Bestandteile ich erfragen musste, so fremd, so haptisch und geschmeidig sie schmeckte: Pumpernickel-Selleriecreme.* Dieser Koch, der alles gern kocht, weil er alles gut gekocht gern isst, verwöhnt uns weiter fischlastig, sozusagen gleich um die Ecke von den Rheinfischern. Wunderbar der zarte Zanderblock, der auf einem kernigen Apfelgraupenbett ruht, flankiert von kleinen würzigen Blutwurstwürfeln, abgerundet durch Majoranschaum. Kazda liebt wolkig ätherische Schäumchen.

Die Variation vom Mossalbtaler Rind hat neben gerühmter Qualität meine emotionale Präferenz. Wie aus der Puppenküche die drei unterschiedlichen Verarbeitungen des Tieres, extra winzig für mich. Perfekt in ihren „Zuständen“ als Tatar/Filet/Bäckchen. Im Kleinen isst sich Fleisch konzentrierter, bewusster. Nie mehr Überproduktion, Massenhaltung… Sehr fein dazu die rote Beete, getupfte Schnittlauchcreme, Kleckse von hinreißender Bearnaise, Pruniercaviar. 

Beinahe hätte ich das Dessert noch essen können, die Kokos- Milchcreme, eine feenleichte Nachspeise, die den Magen nicht herausfordert, aber die Kunst der Patisserie verrät. Jeden Tag ein bisschen besser zu kochen ist Kazdas Anspruch, das Mantra eines eindrucksvollen Kochs, das wir gerne annehmen: Hier ist der Weg wirklich das Ziel. Lächelnd verlassen wir das Garbo im Löwen und freuen uns auf das nächste Ma(h)l.

*Für die Pumpernickelcreme wird der Sellerie geschält und in walnussgroße Stücke geschnitten. Die Würfel in kochendem Salzwasser weichkochen, dann in Mixer (Thermomix). Mit dem Traubenkernöl und dem Pumpernickel zu einem Püree mixen. Mit etwas Fenchelsamen und gehackten Thymian, Salz und Muskat abschmecken. Traubenkernöl ist Butterersatz und Fenchelsamen sorgen für Frische, Fenchel ist eh im Pumpernickel als Aroma.

Autor: Margret Buchner

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