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Restaurant des Monats März 2019

arrow left Waidwerk, Romantik Hotel Gasthaus Rottner, Nürnberg, Deutschland arrow right

 
Hotel: Romantik Hotel Gasthaus Rottner
Adresse: Winterstr. 15 - Großreuth, 90431 Nürnberg
Küche: Saisonale Produkte
FAX: +49 (911) 613759
Chef de Cuisine
Valentin Rottner

Wie war das mit der Metapher von der Tradition? Tradition ist nicht das Bewahren der Asche, sondern das Schüren der Flamme. Wenn das irgendwo zu bewerkstelligen ist, dann hier im Gasthaus Rottner, in der großen Küche, in der zwei Generationen unterschiedlich kochen.

Ohne seine Familie ist Valentin Rottner nicht vorstellbar. Der 30jährige Herzblutfranke, Herzblutfußballer, Herzblutjäger - beruflich hat der Herzblutkoch gesiegt. Ein nachdenklicher, im Gespräch konzentrierter. Der Feinschmecker kürt ihn zum Aufsteiger des Jahres 2018. Nach seiner Lehrzeit bei Alexander Hermann in Wirsberg, im Söl´ring Hof bei Johannes King, bei Pape im Fährhaus, Spatzenhof, Wermelskirchen, Feinschliff bei Nils Henkel ist er 2016 heimgekehrt. Weil man  als Clubberer nicht ohne den heimischen Verein leben mag, weil man den Wald um Nürnberg vermisst und weil man darauf brennt, seine neuen Ideen in die dafür aufgeschlossene gehobene Küche des Vaters einzubringen. Warum soll der junge Koch seine Ziele niedrig setzen? Sterne kennt er nicht nur aus seinen Wanderjahren, auch vom Vater. Und Stefan Rottner hat seinen Sohn im 300 Jahre alten Fachwerkhaus, das seit vier Generationen im Besitz ist, sozusagen eingehegt. Eine Win-Win Situation. Überhaupt für die ganze Familie, die bis zur Großmutter Irma integriert ist.

Im Waidwerk (althochdeutsch: weida `Nahrungsgewinn`), einem modern gestylten gemütlichen Gourmetbereich mit alten Butzenscheiben, wird das Herdfeuer neu geschürt; der majestätische Zehnender aus Valentins Geburtsjahr zitiert den verehrten Großvater. Die Sorgfalt des Jägers im archaischen  Handwerk, die Liebe zur Natur, eben die Hege, das sind wesentliche Bestandteile, die Valentin Rottners Küche zur Ehre gereichen. Einer, die trotz bisweilen emotional aufgehetzter Diskussionen um Fleisch, achtsam mit dem Produkt umgeht. From nose to tail ist seine Prämisse, das selbst erlegte Wildbret macht es leicht möglich. Kreative Ideen kommen Valentin Rottner oft im Wald.

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Vater - mit eigenen Konzept - und Sohn stehen gemeinsam mit Souschef Andreas Kröckel und Patissière Stefanie in der Küche, sechs Azubis lernen. Wir ebenso - schon mit dem ersten Gruß Rottners erkennen wir seinen handwerklichen Fingerdruck: Lachs in einer klassischen Beurre Blanc, Pistazien, Saiblingskaviar, Staudensellerie. Ein Potpourri an Grüßen serviert uns in reizenden Facetten Thomas Wachter, der Sommelier mit jeweils passender Weinbegleitung: Rosenkohlröschen stemmen sich von bleichen Markknochen, gefüllt mit Frischkäse, Entenleberpralinen schmeicheln der Zunge, nur zu gern beruhigen wir unser Gewissen, weil die Enten normal gefüttert werden, Lachshaut knuspert himmlisch. Für die Knochen-, Knorpel und Haut -Aficionada ein Geschenk. Selbst gebackenes Brot, selbst gemachte Butter und rote Bete-Creme. Einfach, gut.

Der nächste Teller ein schöner, fast vegetarischer Gang. Bis auf die hauchzarten Damwildfähnchen, die Ingredienzen in zwei Zuständen, der wilde Brokkoli als Creme, als bissfeste Zweiglein, Macadamia als Creme, als Crumble, die Salzzitrone perlt, gestockte Buttermilch. Es geht weiter mit getauchter Jakobsmuschel, köstlich das Blumenkohlbett, weich mit Stückchen, den Geschmack mag ich kindlich ausdrücken: rosenaromatisch, erst hintennach eine federleichte Schleppe von Kohl, Gel aus Ponzu, mit Dashi angegossen, alles gut, doch der Blumenkohl ist mein Star. So muss ihn Ludwig XIV. geliebt haben. Ich beherzige Valentins Rat: zusammen auf den Löffel, in den Mund, essen, ah. Er koche puristisch, sagt er. Stimmt, weil man die einzelnen Produkte erkennt, sie sind pur = gleich rein, unverfälscht, in der Fülle entsteht Harmonie, Einklang von Verbindungen. (Wir sollten auf die –ismen verzichten.) Es geht weiter mit Pulpo. Hier durfte sich der Souschef durchsetzen, Valentin Rottner wollte seine Regionalität nicht demontieren. Ein wunderbarer Teller in seiner Gesamtheit, Leaf to Roots, mein letzter. Keine Ahnung, wodurch der perfekte Geschmack bei Pulpo/ Schwarzwurzel/ Wirsing/ Safran/ Sanddorn entsteht. Die kochtechnische Kunstfertigkeit überlasse ich den Könnern, ich bin fürs Schmecken da. Einzeln genommen macht die erdige Schwarzwurzel die Ansage, säuerlich fermentiert, ihr zartgehobeltes Konfetti aus den Schalen kokettiert knusprig, der feine Wirsing ziert sich sonntäglich mit Spitzen und Perlchen, Safran schmeckt eher neutral, glänzt dafür in satt gelber Espumapracht und  korrespondiert optisch mit dem säuerlichen Sanddorn, ja, der Pulpo, ein krosses Legosteinchen, lässt sich und seine Mitspieler zum Gaumenerlebnis auflaufen. Großartig. Perfekt dazu der weiße Burgunder Clees Réserve, von Baldauf. Man möge das schwärmerischen Schreiben nachsehen. Da Glück nur momentan sein kann, bin ich glücklich, in der Erinnerung dankbar. Zum Hauptgang, der Wildsau/Flower Sprout/Pastinake/Birne muss ich meinen Tischnachbarn wortkarger zwar, aber gleichermaßen begeistert wiedergeben: saugut, noch nie so gut  gegessen. Mit Ausrufezeichen! In der Gesamtkomposition mit Pastinake, Bamberger Hörnchen und einer deliziösen Sauce... Ich darf probieren, so haarfein reduziert, dass sie brilliert. Wir müssen endgültig die Vorstellung von Haut Gout bei Wildbret zu Grabe tragen.

Mein Begleiter erlebt zum Finale sein ganz persönliches Dessertglück: Kokos/Mandarinensorbet/ Palmblütenzucker. Er atmet auf: Nichts Gemüsiges zum schlanken Abtörnen.
Leichte Wehmut beschleicht mich bei dem hübschen Kokostorso mit Mandarinensorbet. Wenn zwar alles vergänglich ist, solange Köche wie Valentin Rottner und sein Team lebensnotwendige Nahrungsaufnahme in kleine Wunder verwandeln, erahnen wir einen Hauch vom Paradies. Und ganz frisch besternt.

Herzlichen Glückwunsch, liebe Leute vom Waidwerk.

Autor: Margret Buchner

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