Zum Hauptinhalt springen

Restaurant des Monats Januar 2019

arrow left Schwingshackl Esskultur, Naturhotel Rebling, Bernried, Deutschland arrow right

Chef de Cuisine
Erich Schwingshackl

Von der Villa am Tegernsee aus sind sie weiter am Wasser geblieben, jetzt an die Isar, den beständigen Gebirgsfluss, der bei Bad Tölz das Alpenvorland erreicht. Das passt zum Südtiroler Erich Schwingshackl...

Zum Reinlegen.
Kann es ein punktgenaueres Lob für ein Restaurant geben? Für Schwingshackl ESSKULTUR. Für diesen wortkargen Koch, der mit einem nachdenklichen oder bestätigenden „Schon“…  auf Komplimente reagiert.
Das beginnt beim Kürbis/Ingwersüppchen. Bewundernd schlürft mein Tischgenosse diese leichte Brühe, hübsch marmoriert, er, der beide Zutaten nicht gerade favorisiert. Das Tässchen schmeckt süffig, der Ingwer kitzelt behutsam. Alle weiteren Gänge, die mit anschmiegsamen Escortbegleitern in der Gestalt von Saucen, Süppchen, Cremes daher kommen, sind zum Reinlegen. Geeignet für uns an diesem adventlichen Abend im neuen Restaurant Schwingshackl ESSKULTUR im alten Fährhaus. Die Terrasse direkt an der flussbreiten Isar. Wie sympathisch, dass er seinem Zusatz ESSKULTUR treu geblieben ist. In Versalien. Denn Kultur ist alles, was Menschen urbar machen, pflegen und veredeln.

Erich Schwingshackl, geboren 1970 in Gsies, einem Seitental des Pustertals, als sechstes Kind unter neun Geschwistern, wusste früh, dass er um jeden Preis Koch werden will. In Südtirol legt er den Grundstock zu seiner Handwerkskunst. Auf seine zielstrebige Art. Aber er muss raus aus seinem Dorf. Über das Vier Jahreszeiten in Hamburg kommt er 1994 zum Jahrhundertkoch Witzigmann und 1995 in die Residenz nach Aschau, zu Winkler. Diese Altmeister verfeinern sein Handwerk, der französische Schliff bleibt seine Handschrift.

Seit 2005 kocht er in eigener Regie, den 1. Stern erkocht er 2008, den 2. Stern 2012. Immer seine Frau Katharina aus dem Bayrischen Wald an der Seite. Hotelbetriebswirtin, Hotelmeisterin, Geschäftsführerin, Maître, in unserem Fall bedeutet das Service und Sommelière. Und was für eine. Ohne ausufernde Weinpoetik, die den Weinamateur verstört. Bodenständig wie er. Sympathisch, aufs Wesentliche konzentriert. Wie er. Ein eingespieltes, unprätentiöses Team. Sie passen gut ins noch urtümliche Tölzer Land, das nahe genug an Münchens Ausgehfreudigkeit liegt und weit genug von der Schickeria.

presentation
presentation
presentation
presentation
presentation
presentation
presentation

Lauwarm, bissfest die Komposition Medaillons vom Hummer, mildsäuerlich die zierlich geschnittenen Schwarzwurzeln und der Mesclunsalat, sanft ölig abgeschmeckt. Katharina Schwingshackl kredenzt die ausgeklügelte Weinbegleitung. Der Charta Riesling von Spreitzer passt perfekt zur Jakobsmuschel mit Mango. Eine wunderbar schmeckende, dickflüssige Curry-Limonensuppe wird angegossen. Jetzt sind wir schon zwei, die sich reinlegen. Und der begeisterten Gesprächsmelodie nach im gut besetzten Restaurant werden es immer mehr. Ein Rausch des Wohlbehagens stellt sich ein bei dieser uneitlen französischen Küche, mediterran angehaucht.

Erich Schwingshackl liebt Fische. Das Seezungenfilet im hellgrünen Basilikumbett lockt puristisch. Nur Fisch, Basilikum, ein leicht gegartes Tomatenfilet, so urgeschmackig, als sei die Tomate gerade von der Sonne geküsst worden. Der Terlaner Quarz mit seiner gelbgereiften Note stimmt auf einen kleinen Gang ein, der ein großer ist. Denn, wenn ein Intermezzo musikalisch ein heiteres Zwischenspiel ist, dann offenbart der Koch in Kleines Intermezzo, wie man mit Kartoffel und weißem Trüffelschaum ergötzlich komponieren kann. Exzellent. Im Rinderfilet mit der unvergleichlichen Selleriecreme - vor Jahren haben wir sie schon gepriesen-, setzt er sein Werk fort und krönt es zuletzt mit einer Glühweinsabayone: Eine himmlisch federleichte Pelerine über einem weihnachtlichen Lebkuchenstamm.

Mit der kleinen Marie haben sich Schwingshackls um ein hellwaches zweijähriges Energiebündel vergrößert, mit dem neuen Restaurant angenehm machbar verkleinert. Von der Villa am Tegernsee aus sind sie weiter am Wasser geblieben, jetzt an die Isar, den beständigen Gebirgsfluss, der bei Bad Tölz das Alpenvorland erreicht. Das passt zum Südtiroler Erich Schwingshackl.

Es macht Spaß, seine Esskultur zu genießen. Gute ausgewählte Produkte sowieso. Demokratisch im á la carte Bereich und im ambitionierten. Herz- und magenerwärmend zubereitet und angerichtet. Ohne angestrengten Hype im Dekorranking. Geradlinig heben sich die Teller ab, sie sind offensichtlich. Die Schreiberin hat das Gefühl, sofort essen zu dürfen, sich hinein zu werfen und kein unwiederbringliches Unikat á la Banksy zu zerstören. Diese warme Sinneslust bringt seine französische Küche. Schwingshackl Esskultur überwindet die Schwellenangst in der kulinarischen Topografie. Das ist so viel Wert wie ein Stern, der dann vom Himmel fällt, wenn es dem Himmel gefällt.

Autor: Margret Buchner

Historie (Restaurants der letzten Monate)

Gourmet-Club